Projekt-Fails mit Aha-Effekt: Das Concorde-Desaster – Überschall in die Pleite

Die Concorde war ein technisches Meisterwerk: ein Passagierflugzeug, das doppelt so schnell wie der Schall flog und Paris mit New York in unter vier Stunden verband. Doch trotz dieses Meilensteins der Luftfahrt wurde das Projekt nie ein wirtschaftlicher Erfolg. Die Concorde war ein Prestigeprojekt, das große Versprechen machte und an politischen Kompromissen, wirtschaftlicher Realität und tragischen Zwischenfällen zerbrach.

Das Projekt Concorde: Technik trifft auf Nationalstolz

In den 1960er-Jahren war der Überschallflug das nächste große Ziel der Luftfahrt. Großbritannien und Frankreich taten sich zusammen, um ein gemeinsames Verkehrsflugzeug zu entwickeln, das schneller als alle bisherigen Maschinen fliegen sollte: Die Concorde.

Das Projekt war von Beginn an politisch aufgeladen. Es symbolisierte europäische Ingenieurskunst, Selbstbehauptung gegenüber der US-amerikanischen Vorherrschaft im Luftverkehr und wurde mit enormen Staatsmitteln gefördert. Technologisch war das Flugzeug bahnbrechend: Die Concorde erreichte Mach 2, hatte ein markantes schlankes Design und war in vielen Punkten ihrer Zeit voraus.

Doch schon während der Entwicklung zeigten sich die ersten Probleme. Die Kosten explodierten, da viele Technologien von Grund auf neu entwickelt werden mussten. Die Betriebskosten erwiesen sich als hoch, die Lärmentwicklung als massiv, und die Reichweite war begrenzt. Trotz des Erfolgs bei Testflügen blieben die Bestellungen aus.

Überschall mit angezogener Handbremse

Ursprünglich hatten Dutzende Airlines Interesse bekundet. Doch am Ende flogen nur Air France und British Airways die Concorde im Linienbetrieb und das auch nur dank massiver Subventionen.

Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig:

  • Ölkrisen und steigende Kerosinpreise machten den Betrieb unwirtschaftlich. Der hohe Verbrauch der Concorde lag bei über 25.000 Litern pro Flugstunde.
  • Lärm- und Umweltauflagen begrenzten die Zahl der Flughäfen, die angeflogen werden durften. Besonders der Überschallknall machte Landungen über bewohntem Gebiet problematisch.
  • Politische Widerstände, etwa in den USA, verhinderten eine breitere internationale Zulassung.
  • Hohe Ticketpreise machten die Concorde zu einem Elitenprodukt. Der Normalbetrieb konnte nie auf eine breite Passagierbasis gestellt werden.
  • Ein tödlicher Unfall im Jahr 2000 – bei dem 113 Menschen starben – schwächte das Vertrauen endgültig. Auch wenn der technische Fehler behoben wurde, war das Image beschädigt.

2003 wurde das Programm endgültig eingestellt.

AHA-Effekte: Was aus dem Concorde-Projekt bleibt

Die Concorde steht exemplarisch für ein Projekt, das technologisch spektakulär war, aber wirtschaftlich nie tragfähig wurde. Einige zentrale Erkenntnisse:

  • Technologische Spitzenleistung ersetzt kein Geschäftsmodell. Fortschritt ist wichtig, doch ohne betriebswirtschaftliche Tragfähigkeit bleibt er Faszination ohne Zukunft.
  • Politischer Wille reicht nicht aus, wenn Märkte fehlen. Die Concorde war stark politisch motiviert, aber nicht marktorientiert. Die reale Nachfrage wurde überschätzt.
  • Regulatorik als unterschätzter Risikofaktor. Lärm, Umweltstandards und internationale Zulassungsverfahren können Projekte stark einschränken, besonders im Transportsektor.
  • Symbolprojekte brauchen mehr als Symbolwirkung. Die Concorde erfüllte ein europäisches Selbstbewusstsein, aber kein nachhaltiges Marktbedürfnis.

Was bleibt: Ikone der Luftfahrt und Lehrstück zugleich

Die Concorde war ein fliegender Traum, der Realität wurde und doch nie wirklich abhob. Ihre Silhouette bleibt unvergessen, ebenso wie ihr Klang und ihre Leistung. Aber sie steht auch für das Risiko, wenn Projekte zu stark auf Prestige, zu wenig auf Nutzbarkeit ausgerichtet werden.

Moderne Überschallprojekte wie Boom Supersonic versuchen heute, mit neuen Materialien, effizienterer Technik und einem besseren Geschäftsmodell die Fehler der Concorde zu vermeiden. Ob das gelingt, bleibt offen. Klar ist: Fortschritt braucht mehr als Geschwindigkeit – er braucht Realismus.

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Autoren

Katja Bäumel ist als PR-Managerin mit den Schwerpunkten „Online- und Bewegtbildredaktion“ bei der GPM tätig. Zuvor war sie, neben diversen Auslandsaufenthalten, als Projektleiterin für die Online-Redaktion von unternehmer.de sowie für Projekte bei der Volkswagen AG, der Deutschen Bank AG und Russell Hobbs verantwortlich.

k.baeumel@gpm-ipma.de