
Der Verlust biologischer und kultureller Vielfalt bedroht nicht nur Ökosysteme, sondern auch Ernährungsgrundlagen und regionale Identitäten. Die internationale Slow-Food-Bewegung wirkt diesem Trend seit über 35 Jahren entgegen. Sie setzt auf ein starkes Netzwerk lokaler Gruppen, Bildung und politische Interessenvertretung. Ihr Leitsatz: gutes, sauberes und faires Essen für alle. Daraus ergibt sich ein Projektportfolio, das ökologische, soziale und kulturelle Aspekte systematisch verbindet.
Die Organisation arbeitet dezentral, aber koordiniert – über sogenannte Convivien, also lokale Gruppen, die Projekte auf regionaler Ebene umsetzen. Gleichzeitig gibt es internationale Strategien und Programme, etwa zur Bildungsarbeit oder politischen Kampagnen. Diese Verbindung von lokalem Engagement und globaler Vernetzung ist ein zentrales Erfolgsprinzip.
Ein besonders prominentes Projekt ist die Arche des Geschmacks. Sie dokumentiert weltweit gefährdete Lebensmittel, Nutztierrassen, Kulturpflanzen und traditionelle Zubereitungen. Die Arche ist kein Museum, sondern ein lebendiges Verzeichnis, das auf Erhaltung durch Nutzung setzt. Aktuell sind über 6.500 sogenannte „Arche-Passagiere“ aus mehr als 160 Ländern gelistet.
In Deutschland entscheidet eine Fachkommission über neue Einträge. Die Kriterien sind klar definiert: typischer Geschmack, kulturelle Verwurzelung, Gefährdung und Potenzial zur Weiterverbreitung. Beispiele wie die Alblinse oder die Höri Bülle machen deutlich, wie eng Kultur, Landwirtschaft und Marktbedingungen miteinander verflochten sind. Trotz hoher Erträge und Qualität gefährden Sortiermaschinen oder fehlende Nachfrage solche Produkte. Projektarbeit bedeutet in diesem Fall: Sichtbarkeit schaffen, Wissen bewahren und regionale Wertschöpfung stärken.
Neben der Dokumentation gefährdeter Lebensmittel legt Slow Food großen Wert auf Bildungs- und Beteiligungsformate. Programme wie die „Slow Food Youth Akademie“ sprechen junge Menschen an, insbesondere aus den Bereichen Gastronomie und Lebensmittelhandwerk. Weitere Bildungsangebote strukturieren Lebensmittelwissen entlang von Themen wie Getreide, Fisch oder Hülsenfrüchte.
Politische Arbeit ist ein weiteres Standbein. Internationale Prozesse wie das UN-Übereinkommen zur biologischen Vielfalt oder der EU-Green-Deal werden aktiv begleitet. Kampagnen gegen Gentechnik oder für bienenfreundliche Landwirtschaft sind Teil dieser Arbeit. Dadurch entsteht ein Projektansatz, der nicht nur verwaltet oder bewahrt, sondern gesellschaftliche Rahmenbedingungen mitgestaltet.
Für Projektleitungen lassen sich aus diesem Ansatz mehrere Prinzipien ableiten:
Die Arche des Geschmacks zeigt, wie durch klare Strukturen, lokale Netzwerke und gemeinsames Engagement Projekte entstehen, die Vielfalt nicht nur bewahren, sondern aktiv gestalten.
Dieser Beitrag basiert auf dem Vortrag „Die Arche des Geschmacks“, gehalten am 21. Oktober 2025 von Dr. Rupert Ebner, im Rahmen der Online-Veranstaltungsreihe zu den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der GPM Fachgruppe Projektmanagement für bürgerschaftliches Engagement. Diese Veranstaltung widmete sich dem SDG 12: Nachhaltig produzieren und konsumieren.
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Die GPM Fachgruppe für bürgerschaftliches Engagement stärkt Projektarbeit im gemeinnützigen Bereich. Ehrenamtlich getragene Vorhaben in Vereinen, Stiftungen oder sozialen Einrichtungen stellen besondere Anforderungen. Die Fachgruppe bietet Austausch, Praxisbeispiele und Impulse zur wirksamen Anwendung von Projektmanagement im Ehrenamt.
pm-fuer-buergerschaftliches-engagement@gpm-ipma.de
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