Zehn Jahre PMO-Transformation: Eine Reise zu strategischer Exzellenz

Die Landschaft des Projektmanagements entwickelt sich rasant. Doch wie sieht eine erfolgreiche, nachhaltige Entwicklung in der Praxis aus, wenn sich ein Projektmanagement Office (PMO) über ein Jahrzehnt immer weiterentwickelt? Es ist eine Reise, die von bescheidenen Anfängen hin zu einer hochgradig digitalisierten, strategisch wichtigen Einheit führt. 

Die Anfänge: Von einfachen Tools zu ersten Strukturen 

Vor rund zehn Jahren begann die Reise mit den einfachsten Mitteln: Die damalige Unternehmenskultur war stark hierarchisch geprägt, und Bereiche arbeiteten isoliert voneinander. Projekt waren nicht klar definiert und es gab keine einheitliche Projektmanagement-Methode. 

Ein zentrales Thema in dieser Phase war der Aufbau von Wissen. Viele Mitarbeitende wurden im Projektmanagement ausgebildet und zertifiziert. Bewusst wurde dabei ein Standard gewählt, der den Menschen in den Mittelpunkt rückt, da der Erfolg stark von der Zusammenarbeit mit den Menschen abhängt. Die ersten Schritte zur Standardisierung waren oft bewusst niederschwellig: Statt komplexer Software gab es einfache Word-Vorlagen für Projektanträge, um die Akzeptanz zu fördern. 

Wellenbewegungen: Herausforderungen und Widerstandsfähigkeit 

Der Weg war jedoch keineswegs geradlinig. Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines PMO ist die Rückendeckung des Top-Managements. Gab es diese Unterstützung anfangs, so kann ein Wechsel im Management dazu führen, dass die Bedeutung des PMO infrage gestellt und dessen Ressourcen drastisch reduziert wird. Solche Phasen zeigten deutlich: Ohne die strategische Unterstützung von oben ist die Weiterentwicklung eines PMO äußerst schwierig. 

Auch kontinuierliche Herausforderungen begleiteten die Entwicklung des PMO: 

  • Know-how im Unternehmen zu verankern. 
  • Investitionen zu rechtfertigen und den Wert sowie Nutzen des PMO fortlaufend nachzuweisen. 
  • Das Spannungsfeld zwischen Struktur und Methodik auf der einen Seite und dem Wunsch, schnell mit einer neuen Projektidee loszulegen, auf der anderen Seite zu moderieren. 
  • Ein besonders schmerzhaftes Thema ist das Ressourcenmanagement. Die Begrenzung der verfügbaren Ressourcen zwingt zu der Frage: „Was machen wir nicht?“ Diese Entscheidung ist oft unangenehm und wird nur ungern getroffen. 
  • Die Balance zwischen Transparenz für die Geschäftsführung (Probleme, Risiken, Entscheidungsbedarfe) und dem Aufbau von Vertrauen bei den Projektleitenden und -mitarbeitenden zu halten, damit das PMO nicht als Kontrollinstanz, sondern als Unterstützer wahrgenommen wird. 

Der Durchbruch: Digitalisierung, Service-Ansatz und strategische Projekte 

Nach Phasen der Rückschläge kam der Wendepunkt. Mit erneuter Top-Management-Unterstützung wurde der Weg für die nächste Stufe der Transformation geebnet. Ein entscheidender Schritt war die Einführung einer professionellen Projekt- und Portfoliomanagement-Software (PPM-Software). Diese umfassende Digitalisierung, die die alten Office-Vorlagen vollständig ablöste, steigerte die Effizienz und Übersicht erheblich und führte zu einem vollständig digitalen Prozess. 

Die Rolle des PMO wandelte sich tiefgreifend: 

  • Vom budgetgetriebenen Freigabeverfahren zu einem Coaching-Team und einem Pool von Projektmanagern, die „Projektmanagement as a Service“ anbieten. 
  • Das PMO wurde zu einem zentralen Expertenpool und „Center of Competence“. 
  • Eine wichtige Weiterentwicklung war die Entscheidung, zentrale Projektleitende im PMO anzusiedeln, die strategische Projekte neutral leiten. Diese Expertinnen und Experten, die keine bereichsspezifischen Interessen vertreten, sondern dem PMO zugeordnet sind, können Projekte wirksamer steuern als bereichsinterne Projektleitende. 

Diese Veränderungen führten zu spürbaren Erfolgen: 

  • Erfolgreiche Beratung und Unterstützung von Projekten. 
  • Transparenz schaffen und Komplexität beherrschbar machen, indem Abhängigkeiten und Risiken sichtbar gemacht werden. 
  • Ein erheblich gesteigerter Reifegrad des Projektmanagements im Unternehmen. 
  • Das PMO wird als „Getriebe“ wahrgenommen, das Themen sammelt, aufbereitet und den Durchsatz für die Entscheidungsfindung gewährleistet. 

Blick nach vorn: Trends und die Zukunft des PMO 

Die Transformation geht weiter, aktuelle Themen prägen die Arbeit des PMO: 

  • KI-Unterstützung ist nicht mehr nur ein Buzzword, sondern ein konkretes Werkzeug im Alltag. Sie wird genutzt, um Prozesse zu optimieren, beispielsweise für die Erstellung von Protokollen, Erklärungen oder das Zusammenfassen von Dashboards – was erhebliche Zeiteinsparungen und Effizienzgewinne mit sich bringt. 
  • Die Steuerung und Abarbeitung von Themen-Portfolios wird flexibler gestaltet, indem klassische, agile und hybride Methoden kombiniert werden, um Projekte unabhängig von der Umsetzungsmethode zu verwalten und zu priorisieren. 
  • Besonders im agilen Portfoliomanagement liegt ein Fokus auf iterativen Zyklen, um schneller auf Umweltveränderungen reagieren zu können. Es geht darum, Produktentwicklungen, Projekte und Transformationen zyklisch zu betrachten und Prioritäten anzupassen, auch wenn dies bedeutet, zu entscheiden, welche Themen nicht verfolgt werden. 

Interessanterweise hat sich gezeigt, dass der Hype um „Agilität für alles“ allmählich abflacht. Agilität wird als Werkzeug verstanden, das an manchen Stellen passt und an anderen nicht. Wichtige Grundlagen wie die Definition von Zielen, Budgets und Stakeholder-Management bleiben auch bei agilen Ansätzen unerlässlich. 

Wichtige Erkenntnisse für die eigene PMO-Reise 

Die zehnjährige Transformation eines PMO bietet wertvolle Lehren für andere Organisationen: 

  • Die Rückendeckung der Unternehmensleitung ist unverzichtbar. 
  • Ein niederschwelliger Einstieg ist entscheidend. Statt sofort teure Software einzuführen, sollte der Fokus darauf liegen, die Menschen zu gewinnen, indem der Nutzen mit geringstmöglichem Aufwand demonstriert wird. 
  • Die Kernfrage lautet stets: „Welchen Nutzen stiften wir?“. 
  • Geduld und Resilienz sind unerlässlich. Eine tiefgreifende Transformation braucht Zeit – es kann Jahre dauern, bis sich die Wirksamkeit eines PMO vollständig entfaltet und es breite Akzeptanz im Unternehmen findet. Es ist eine kontinuierliche Entwicklung mit Wellenbewegungen, die nie ganz abgeschlossen ist. 

Die Entwicklung des Projektmanagements von einfachen Excel-Listen zu einem strategisch agierenden Kompetenzzentrum ist eine beeindruckende Erfolgsgeschichte, die zeigt, dass mit Durchhaltevermögen, Anpassungsfähigkeit und einem klaren Fokus auf den Mehrwert für das Unternehmen Großes erreicht werden kann. 

Jeannine Kraft spricht beim 34. IPMA World Congress zum Thema "10 Jahre PMO: Eine Reise der Transformation". Weitere Informationen zum IPMA World Congress finden Sie hier. 

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Autoren

Jeannine Kraft ist Director PMO in der Thieme Gruppe und verfügt über langjährige Projektmanagement-Erfahrung. Nach ihrem Start bei Leomedia GmbH im Jahr 2006 wechselte sie 2015 zur Thieme Gruppe, wo sie verschiedene Führungspositionen innehatte. Seit 2022 leitet sie das strategische PMO. Ihre Qualifikationen umfassen IPMA® Level B – Certified Senior Project Manager, DGQ-Qualitätsmanagementbeauftragte sowie Agile Coach. Mit ihrer Expertise begleitet sie die Transformation und Weiterentwicklung des PM in ihrem Unternehmen.

blog@gpm-ipma.de