Wenn Daten nicht überzeugen: Warum Analyse allein nicht reicht

Im Projektmanagement ist es Alltag: Daten werden aufbereitet, in PowerPoint-Folien überführt und vor Entscheidungsgremien präsentiert. Doch was passiert dann? Häufig: nichts. Keine Entscheidung, keine Aktion, kein Fortschritt. Obwohl die Analyse fundiert ist, bleiben die gewünschten Impulse aus. Woran liegt das?

Die Antwort ist unbequem, aber klar: Daten allein überzeugen nicht. Sie informieren, doch sie bewirken nur dann etwas, wenn sie verstanden, eingeordnet und erinnert werden. Dafür braucht es mehr als Zahlen. Es braucht eine klare Struktur, die richtigen Worte und die Bereitschaft, Verantwortung für die Wirkung der eigenen Präsentation zu übernehmen.

Ein Beispiel mit schwerwiegenden Folgen

Ein Blick auf ein reales Ereignis macht deutlich, wie fatal es sein kann, wenn Daten nicht richtig ankommen. Im Juli 2021 kam es im Ahrtal zu einer der schlimmsten Flutkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte. Schon Tage vor dem Ereignis lagen hydrologische Lageberichte mit klaren Warnungen vor, unter anderem mit der Information, dass bis zu 200 Liter Regen pro Quadratmeter in kurzer Zeit erwartet wurden. Technisch korrekt, meteorologisch fundiert, aber zu abstrakt.

Die Folge: Viele Entscheidungsträger auf regionaler Ebene unterschätzten die Lage oder handelten gar nicht. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Warnungen zwar weitergeleitet wurden, aber nicht als handlungsrelevant verstanden wurden. Statt konkret zu sagen „Das Wasser wird das zweite Stockwerk erreichen“, blieb es bei Formulierungen wie „extremer Dauerregen mit Unsicherheiten“. Der Informationsfluss war nicht falsch, aber wirkungslos.

Mehr als 180 Menschen starben. Tausende wurden verletzt oder traumatisiert. Die Kommunikation war nicht der einzige Grund, aber sie war ein entscheidender.

Das Problem: Die Lücke zwischen Analyse und Aktion

Was sich in dieser Katastrophe drastisch zeigt, findet sich auch im Projektalltag wieder, wenn auch mit weniger dramatischen Konsequenzen. Daten werden analysiert, Berichte geschrieben, Präsentationen vorbereitet. Doch auf dem Weg zur Entscheidung geht oft etwas verloren.

Die klassische Prozesskette sieht eigentlich einfach aus:

Daten → Analyse → Erkenntnis → Entscheidung → Handlung → Wertschöpfung

Doch zwischen Erkenntnis und Entscheidung klafft häufig eine Lücke: Die Lücke der Kommunikation. Sie entsteht dort, wo Daten von Fachexpertinnen und -experten kommen, Entscheidungen aber von Menschen getroffen werden, die andere Prioritäten, Perspektiven und Erfahrungswerte mitbringen.

Warum PowerPoint oft nicht hilft, sondern behindert

Ein Teil des Problems liegt im Umgang mit Präsentationen. Was heute als „Präsentation“ bezeichnet wird, ist oft ein überladener Foliensatz voller Details, Bulletpoints und Tabellen. Diese sogenannten Slide Reports erfüllen formal den Zweck der Informationsweitergabe, aber nicht den einer echten Entscheidungspräsentation.

Häufig enthalten diese Folien mehr Informationen, als das Publikum verarbeiten kann. Aus Angst, etwas zu vergessen oder später kritisiert zu werden, wird jede Zahl, jeder Zwischenschritt, jede Quelle dokumentiert. Die Folge: Der eigentliche Kern geht unter.

Die Aufmerksamkeit des Publikums wird nicht gewonnen oder schnell wieder verloren. Der Mensch am Ende des Tisches, der eine Entscheidung treffen soll, liest E-Mails oder schaut auf die Uhr. Die Präsentation endet mit dem Satz: „Schicken Sie mir die Folien, wir sprechen in zwei Wochen noch einmal darüber.“

Das Ergebnis: keine Entscheidung. Und wie so oft im Projektgeschäft ist nicht eine falsche Entscheidung das größte Risiko, sondern keine.

Überforderung statt Wirkung

Ein weiteres Problem ist die häufige Vermischung von Präsentation und Dokumentation. Viele Folien sollen gleichzeitig live präsentiert und im Nachgang verschickt werden. Sie sollen sowohl verständlich sein, wenn jemand sie vorträgt, als auch lesbar, wenn sie allein im Posteingang landen.

Das Resultat ist eine Folie, die beiden Zielen nicht gerecht wird. Zu viel Text für die Präsentation. Zu wenig Struktur für die Lektüre. Eine Informationseinheit, die alles will und wenig erreicht.

Die doppelte Überforderung

Wer heute Daten präsentiert, muss gegen zwei Formen der Überforderung ankämpfen:

  • Sensorische Überforderung: Auf uns alle wirken zu viele Reize gleichzeitig. Deshalb ist es schwer für die Präsentierenden durch diesen Nebel der sensorischen Überforderung zu dringen und die Aufmerksamkeit des Publikums zunächst zu erhalten. 
  • Kognitive Überforderung: Zu viele Details während der Präsentation fördern ebenfalls die Informationsüberflutung, die dazu führt, dass unser Publikum abschaltet. Wir müssen also innerhalb unserer Präsentation Wege finden, die Aufmerksamkeit zu behalten. 

Diese beiden Effekte sorgen dafür, dass die eigentliche Botschaft nicht ankommt, obwohl sie irgendwo auf der Folie steht.

Die Konsequenz: Zeitverlust ohne Mehrwert

Wenn eine Datenpräsentation keine Entscheidung auslöst, verliert man doppelt. Die investierte Zeit für die Analyse, die Aufbereitung und die Folien war umsonst. Und die Zeit aller Teilnehmenden ebenfalls – ohne Ergebnis.

Deshalb braucht es eine andere Herangehensweise. Es reicht nicht, Zahlen korrekt zu präsentieren. Sie müssen in einen Zusammenhang gebracht werden, der für die Zielgruppe relevant und verständlich ist.

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Autoren

Friederike Oehlerking ist Expertin für Data Storytelling und Gründerin von Lückenkrach. Mit über 17 Jahren Erfahrung bei Siemens und Siemens Energy, zuletzt als globale Leiterin des kaufmännischen Projektmanagements, kennt sie die Herausforderungen komplexer Projekte. Sie ist Autorin des Buches Mit Daten überzeugen, mit Geschichten inspirieren – Data Storytelling im Projektmanagement und Host des Podcasts Chefin ruft an. Mit praxisnahen Impulsen und innovativen Techniken begeistert sie ihr Publikum.

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