
Die Digitalisierung der Wirtschaft schreitet unaufhaltsam voran und revolutioniert nicht nur Technologien, sondern auch die Art und Weise, wie Individuen zusammenarbeiten und kommunizieren. Diese digitale Transformation hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle und die Organisation von Unternehmen. Im Zentrum dieser disruptiven Veränderungen steht der Mensch. Es zeigt sich: Das Gelingen der gesamten Transformation hängt im Wesentlichen von den Menschen ab, die diese gestalten.
Die zentrale Erkenntnis der neuesten Forschung zum Thema Digital Literacy im Projektmanagement ist paradox: Je digitaler alles wird, desto wichtiger ist das Nicht-Digitale - also der Mensch.
Im Zuge der digitalen Transformation und der zunehmenden Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) unterliegt das Projektmanagement in den letzten Jahren massiven Veränderungen. Dies ist der Ausgangspunkt für die vertiefte wissenschaftliche Untersuchung: Wenn Tools und Algorithmen immer mehr operative Aufgaben übernehmen, welche Kompetenzen benötigen Projektmanager dann, um in dieser digital strukturierten Arbeitswelt weiterhin erfolgreich zu agieren?
Die Reorganisationen des Arbeitsmarktes führen direkt zu neuen Anforderungen an Berufsbilder. Es wurde beobachtet, dass der Bereich der Kompetenzveränderungen im Projektmanagement der externen IT- und Unternehmensberatung durch die digitale Transformation bislang nur unvollständig untersucht wurde. Während die meisten Menschen bei Digital Literacy oder digitalen Kompetenzen intuitiv an neue Software, Projektmanagement-Toolsoder KI-Anwendungen denken, zielte die Forschung darauf ab, diese Forschungslücke zu schließen: Es sollten die benötigten Kompetenzen identifiziert und handlungsorientiert beschrieben werden, um ein wissenschaftlich fundiertes Kompetenzstrukturmodell für das Projektmanagement in diesem Kontext zu entwickeln.
Dabei wurde ein qualitatives Forschungsdesign verfolgt, um die Herausforderungen anhand empirisch vorfindlicher beruflicher Handlungssituationen zu untersuchen. Die Perspektive der Forschung liegt bewusst bei ausgewählten Projektmanagern und Fachexperten.
Die Forschung verdeutlicht, dass Projektmanager durch die digitale Transformation nicht ersetzt, sondern im Gegenteil umso wichtiger werden.
Anstatt der reinen Beherrschung von Werkzeugen oder technischer Ausführung – die zwar grundlegend sind und als gut erschlossene Bereiche gelten – rücken die sozialen , methodischen und reflexiven Kompetenzen in den Vordergrund. Die Digitalisierung verschiebt die Gewichtung der Kompetenzen.
Die wichtigsten Aufgaben des Projektmanagers sind demnach: Vertrauen herstellen, Kommunikation optimieren und Motivation fördern.
Vertrauen in digital arbeitenden Teams aufzubauen ist eine große Herausforderung. Dies liegt daran, dass die zwischenmenschliche Ebene schnell verloren geht, wenn die Möglichkeit für informelle Treffen – etwa beim Kaffeeholen – fehlt. Daher ist es die wichtigste Aufgabe eines Projektmanagers, dieses Vertrauen im Team herzustellen. Angesichts des zunehmenden Einsatzes von KI gehört zu dieser Führungsaufgabe auch, das Vertrauen in die KI zu fördern sowie die notwendige Reflexion der Ergebnisse dieser zu fördern.
Studien zeigen, dass ein Großteil der Projekte aufgrund mangelnder Kommunikation oder Missverständnissen scheitert. Die digitale Transformation hat die Kommunikation verändert, in manchen Aspekten vereinfacht, in anderen erschwert. Daher gewinnt die digitale Kommunikation stark an Bedeutung.
Zentrale Anforderungen im Zusammenhang mit Kommunikation sind:
Mit der Digitalisierung nimmt die Komplexität dramatisch zu. Es gibt einen „Information Overkill“. Die Fähigkeit, aus der unglaublichen Breite und Tiefe der verfügbaren Informationen genau das zu identifizieren und herauszuselektieren, was tatsächlich relevant ist, wird zu einer Kernkompetenz – der sogenannten Filterkompetenz.
Das entwickelte Kompetenzstrukturmodell integriert sieben Dimensionen digitaler Kompetenz, wobei sich die größte Notwendigkeit zur Weiterentwicklung in den nicht-technischen Feldern Ethik, Verantwortung und Problemlösungsstrategien zeigt.
Die Forschung liefert somit konkrete Anhaltspunkte, dass der zukünftige Projektmanager stark in die Rolle eines Coaches, Generalisten und Koordinators hineinwächst. Die menschlichen Fähigkeiten, Konflikte zu moderieren, Leidenschaft zu entfachen und Brücken zwischen den richtigen Leuten zur richtigen Zeit zu bauen, sind in der digitalisierten Welt unersetzlich.
Die Autorin wurde für ihre Forschungsarbeit mit dem „Deutschen Studienpreis Projektmanagement 2025“ ausgezeichnet. Mehr über den Preis erfahren Sie hier
Die Preisverleihung zum “Deutschen Studienpreis Projektmanagement” finden Sie hier
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Dr. Jessica Nagel ist Wirtschaftsinformatikerin und promovierte im Bereich Wirtschaftspädagogik. Mit ihrer langjährigen Erfahrung im Bereich digitale Transformation unterstützt sie Unternehmen dabei, ihre Teams mit den notwendigen digitalen Kompetenzen auszustatten.
jessica.nagel@web.de
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