
Organisationen sehen sich heute zunehmend mit komplexen und dynamischen Herausforderungen konfrontiert. Methodische Ansätze wie Scrum oder Kanban geben keine Antwort für eine ganzheitliche organisationelle Agilität. Deswegen ist in vielen Unternehmen eine Ernüchterung über die nachhaltige Wirkung dieser Methoden eingetreten.
Wie aber kann man die Organisation als Ganze erreichen? Wie gelingt es die Organisation von der Führungsspitze bis zu den Mitarbeitenden umfassend agil zu gestalten? Es gilt die Perspektive zu verändern! Das ist der Ausgangspunkt für den systemischen Ansatz der Agile Management Maturity Map (AM³). In einem strukturierten Ansatz werden die verschiedenen Wirkungsparameter für Organisationelle Agilität erfasst und in ihrem Zusammenspiel gestaltet - ein systemisches Rahmenmodell, das Agilität ganzheitlich versteht, für eine übergreifend wirksame Einführung eines neuen Führungsprinzips.
Der AM³-Ansatz basiert auf einem systemischen Verständnis von Organisationen. Das bedeutet: Nicht einzelne Maßnahmen oder Tools stehen im Fokus, sondern das Zusammenspiel verschiedener Parameter, das den Zustand und die Veränderungsfähigkeit des Systems beeinflusst. Agilität wird als emergente Eigenschaft verstanden, die aus der Interaktion unterschiedlicher Dimensionen entsteht. Deshalb reicht es nicht, einzelne agile Praktiken zu implementieren. Entscheidend ist, wie gut diese Praktiken aufeinander abgestimmt sind und in welcher Organisationskultur sie eingebettet sind.

Im Zentrum des Modells steht das agile Mindset: Es fungiert als ordnungsstiftendes Prinzip, das sämtliche Handlungen und Strukturen prägt. Agilität beginnt nicht bei der Methodenauswahl, sondern bei der Haltung gegenüber Wandel, Unsicherheit, Zusammenarbeit und Lernen. Die AM³ macht diese Haltung messbar, indem sie strukturelle, prozessuale und kulturelle Elemente aufeinander bezieht.
Die Agile Management Maturity Map definiert sechs Dimensionen, die für eine agile Organisation zentral sind. Sie bilden das Raster für eine systemische Bewertung und Entwicklung:
Diese Dimensionen greifen ineinander. Schwächen in einem Bereich können Auswirkungen auf die gesamte Organisation haben, ein typisches Merkmal systemischer Modelle.

Die AM³ stellt nicht nur ein theoretisches Rahmenwerk dar, sondern auch ein konkretes Instrument zur Analyse: das AM³-Assessment. Es bewertet die Ausprägung jeder der sechs Dimensionen auf einer Skala und berechnet daraus einen Gesamtindex. Zusätzlich werden systemische Zusammenhänge berücksichtigt, etwa wie bestimmte Parameter sich gegenseitig beeinflussen. Dies erlaubt es, gezielte Entwicklungsmaßnahmen abzuleiten, statt lediglich Symptome zu adressieren.
Ein Beispiel zeigt: In einem Praxisfall lag der höchste Wert bei der Wertstromorientierung (4,0), während die Bereiche Selbstorganisation und agile Organisation mit 2,0 am niedrigsten bewertet wurden. Daraus ergibt sich ein klares Bild, wo Handlungsbedarf besteht – nicht nur in einzelnen Dimensionen, sondern vor allem in deren Zusammenspiel.
Die AM³ folgt keinem „one size fits all“-Prinzip. Ziel ist nicht, möglichst schnell einen hohen Indexwert zu erreichen, sondern eine agile Ausgestaltung, die zur jeweiligen Organisation passt. Dies umfasst sowohl die spezifische Branche und Unternehmensgröße als auch kulturelle und strukturelle Voraussetzungen.
In einer Zeit, in der sich viele Organisationen im sogenannten „agilen Winter“ befinden – einer Phase der Ernüchterung nach anfänglicher Begeisterung für agile Ansätze – bietet die AM³ eine fundierte Grundlage, um Agilität systematisch, reflektiert und langfristig wirksam zu gestalten.
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Hubertus C. Tuczek ist Professor für Management und Führung an der Hochschule Landshut und kann auf mehr als 25 Jahre in leitenden Managementfunktionen in der Automobil- und Luftfahrtindustrie zurückblicken. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in agiler Führung und der Digitalen Transformation. Er ist Leitungsmitglied der GPM Fachgruppe „Agile Management“ und Mitglied der Fachgruppe „Projektmanagement an Hochschulen“.
Hubertus.Tuczek@haw-landshut.deDr.-Ing. Agnetha Flore ist Director of Center for Digital GreenTech am August-Wilhelm Scheer Institut. Zuvor war sie seit April 2020 im Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen tätig und hat dort im Oktober 2021 die Geschäftsführung übernommen; studierte Diplom-Kauffrau und promovierte Wirtschaftsinformatikerin; über 20 Jahre Tätigkeit in der Finanzdienstleistungs-branche; 2017 Zertifizierte Projektmanagerin (GPM); 2019 Zusatzzertifikat Hybrid+; 2019 bis 2022 Dozentin IBS Oldenburg für agiles Projektmanagement, seit 2023 Tutorin und Dozentin für Projektmanagement an der Wilhelm Büchner Hochschule, 2019 GPM Fachgruppe Agiles Management und seit 2021 mit in der Fachgruppenleitung tätig.
A.Flore@gpm-ipma.de
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