Laterale Führung im Projekt: Wirksam ohne Macht

Wer schon einmal ein Projekt geleitet hat, ohne disziplinarische Macht, weiß: Das ist echte Führungsarbeit. Man trägt Verantwortung, soll Entscheidungen treffen, Menschen motivieren, und das alles ohne Anweisung, Bonus oder Titel.

Genau hier beginnt laterale Führung. Sie ersetzt Macht durch Vertrauen, Hierarchie durch Beziehung und Kontrolle durch Kommunikation.

Führung ohne Titel, aber mit Haltung

Im Projektumfeld treffen drei Führungsformen aufeinander:

  • Disziplinarische Führung: basiert auf Weisungsbefugnis und Hierarchie.
  • Fachliche Führung: gründet auf Expertise und Verantwortung für Inhalte.
  • Laterale Führung: wirkt über Verständigung, Vertrauen und gemeinsame Ziele.

Gerade dort, wo Macht fehlt, entscheidet Haltung über Wirkung. Laterale Führung bedeutet, Menschen zu gewinnen, nicht zu überzeugen. Sie lebt davon, Sinn zu vermitteln, Orientierung zu geben und Unterschiede als Stärke zu nutzen.

Wenn Beziehung mehr bewegt als Autorität

Ein Beispiel aus dem Alltag: Eine Projektleiterin steht unter Zeitdruck. Der Rollout verzögert sich, eine Fachabteilung liefert nicht. Druck hilft hier nicht weiter, denn niemand ist ihr weisungsgebunden. Also sucht sie das Gespräch, klärt Erwartungen, zeigt den Nutzen für das große Ganze auf und bittet um Unterstützung. Erst dadurch entsteht Commitment. Das Projekt kommt wieder in Fahrt.

Laterale Führung heißt: Beziehung vor Prozess.

Werte als Kompass

Werte sind der innere Kompass, der zeigt, wie wir führen, auch wenn keiner zuschaut. Sie machen sichtbar, was uns wichtig ist, und schaffen Orientierung, wo keine Regel greift.

Doch Werte können auch Spannungsfelder erzeugen. Wenn jemand auf Effizienz fokussiert ist, das Team aber Harmonie schätzt, kracht es schnell. Wer die eigenen Werte kennt und sensibel mit denen anderer umgeht, entschärft Konflikte, bevor sie eskalieren.

Persönlichkeit zeigt Wirkung

Laterale Führung beginnt mit Selbstreflexion. Das DISG-Modell hilft, die eigene Wirkung zu verstehen:

  • Dominant (D): zielorientiert, entscheidungsfreudig, direkt.
  • Initiativ (I): kommunikativ, begeisternd, kreativ.
  • Stetig (S): verlässlich, empathisch, teamorientiert.
  • Gewissenhaft (G): analytisch, präzise, strukturiert.

In Projekten treffen diese Typen ständig aufeinander. Ein D-Typ drängt nach vorn, ein S-Typ sucht erst Sicherheit. Laterale Führung bedeutet, den eigenen Stil anzupassen und die Bedürfnisse der anderen mitzudenken.

Drei Impulse für den Projektalltag

  1. Rollen klären, bevor sie unklar werden. Wer wofür Verantwortung trägt, sollte von Anfang an transparent sein. Das schafft Vertrauen.
  2. Vertrauen aufbauen, bevor man es braucht. Einzelgespräche, echtes Zuhören, Gemeinsamkeiten betonen. Beziehungspflege ist Führungsarbeit.
  3. Konflikte als Wertespiegel nutzen. Oft stehen dahinter unterschiedliche Werte. Diese offen anzusprechen, löst mehr als jedes Statusmeeting.

Fazit: Haltung macht den Unterschied

Laterale Führung ist kein Ersatz für Macht, sie ist eine bewusste Entscheidung für Wirkung. Sie gelingt dort, wo Menschen sich gehört, verstanden und eingebunden fühlen. Wer Orientierung gibt, Werte sichtbar macht und Vielfalt als Stärke nutzt, führt nicht nur Projekte zum Erfolg, sondern auch Menschen zu echtem Miteinander.

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Autoren

Franziska Höhne ist Expertin für internationales Projektmanagement, Change-Management und Psychologie. Mit 16 Jahren Berufserfahrung begleitet sie Unternehmen in der erfolgreichen Führung virtueller und multikultureller Teams und entwickelt Strategien zur nachhaltigen Teamsteuerung.

franziska.hoehne@proquadrat.com
www.ProQuadrat.com