
Künstliche Intelligenz wird zunehmend als Werkzeug im Projektmanagement eingesetzt. Die Möglichkeiten reichen von der Planung einzelner Aufgaben bis zur Steuerung ganzer Projektportfolios. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wo die Technologie tatsächlich sinnvoll unterstützt und wo sie an systemische Grenzen stößt. Eine strukturierte Betrachtung zeigt, dass es weniger um das Ob als vielmehr um das Wie des KI-Einsatzes geht.
Die Liste möglicher Einsatzfelder für KI im Projektalltag ist lang. Sie beginnt bei der Aufwandsschätzung und reicht über Risikomanagement, Ressourcenverteilung, Statusberichte und Aufgabenverfolgung bis hin zur Dokumentation und Steuerung ganzer Portfolios. Für jedes dieser Felder gibt es bereits konkrete Anwendungen, die mit unterschiedlichen Methoden der Künstlichen Intelligenz arbeiten.
So vielfältig die Einsatzmöglichkeiten auch sind, es gibt klare Grenzen. Viele Organisationen verfügen über mehr Daten, als sie effektiv nutzen können. Ein weiteres Dashboard oder Analysewerkzeug löst nicht zwangsläufig bestehende Probleme. Oft liegt die Herausforderung nicht in der Technik, sondern im zugrunde liegenden Managementsystem.
Ein überlastetes System mit zu vielen gleichzeitigen Projekten, ständigen Kontextwechseln und mangelnder Synchronisation erzeugt strukturelle Ineffizienzen. Diese lassen sich durch KI nicht automatisch beheben. Stattdessen besteht die Gefahr, dass bestehende Dysfunktionen lediglich automatisiert und damit verstetigt werden.
KI-Systeme trainieren auf Basis historischer Daten. Doch gerade in Projekten wurden bessere Alternativen möglicherweise nie ausprobiert und sind deshalb auch nicht in den Trainingsdaten enthalten. Das führt dazu, dass die KI bestehende Schwächen reproduziert, statt neue Wege zu erkennen. Optimiert wird dann oft genau das, was eigentlich verbessert werden sollte.
Früher galt die Devise, neue Projekte und Tools einzuführen, um Schwächen im System zu kompensieren. Heute wird diese Haltung auf KI übertragen. Die Hoffnung, dass Künstliche Intelligenz automatisch für bessere Ergebnisse sorgt, ohne das zugrunde liegende System zu verändern, führt jedoch selten zum Ziel. Der Einsatz neuer Technologien ersetzt keine strategische Führung.
Richtig eingesetzt kann KI im Projektmanagement wertvolle Unterstützung leisten. Das betrifft vor allem operative Aufgaben wie die Protokollierung von Meetings, die Erstellung von Statusberichten oder die strukturierte Dokumentation. Auch als Sparringspartner für Ideenfindung oder zur Aufbereitung komplexer Informationen ist Künstliche Intelligenz hilfreich.
Als Führungssystem oder Entscheidungsträger ist sie hingegen ungeeignet. Projekte brauchen klare Prioritäten, funktionierende Abstimmungsprozesse und ein Management, das Engpässe erkennt und gezielt beseitigt. Diese Aufgaben bleiben menschlich.
Damit KI im Projektumfeld echten Mehrwert schafft, braucht es einige systemische Grundlagen. Dazu zählt die Begrenzung des Work-in-Progress, also die Anzahl paralleler Projekte. Auch die Identifikation des zentralen Engpasses und dessen gezielter Schutz sind entscheidend. Eine durchdachte Puffersteuerung hilft, Abhängigkeiten zu managen und Störungen abzufedern. Nicht zuletzt braucht es eine Führung, die aktiv gestaltet statt nur zu verwalten.
Künstliche Intelligenz kann im Projektmanagement viele Aufgaben erleichtern, beschleunigen und strukturieren. Sie ist jedoch kein Ersatz für ein funktionierendes System. Wer ein dysfunktionales Projektumfeld mit KI optimiert, erreicht bestenfalls effizientere Symptome. Der wahre Nutzen entsteht dort, wo Technologie auf Klarheit, Führung und systemisches Denken trifft.
Keine Kommentare
Uwe Techt ist Geschäftsführer der VISTEM GmbH & Co. KG und Experte für strategisches Multiprojektmanagement. Als Pionier im Bereich Critical Chain Project Management unterstützt er Unternehmen bei der Implementierung innovativer KI-gestützter Lösungen.
blog@gpm-ipma.de
Kommentare