Vom Forschungspreis zur Verantwortung für 180 Millionen Euro: Wie eine ausgezeichnete Masterarbeit den Karriereweg veränderte

| Awards

Vom Forschungspreis zur Verantwortung für 180 Millionen Euro: Wie eine ausgezeichnete Masterarbeit den Karriereweg veränderte

180 Millionen Euro sind eine Summe, die außerhalb der Vorstellungskraft der meisten Menschen liegt. Für Tim Schneider ist sie tägliche Realität – er verantwortet in der Hamburger Senatskanzlei die Portfolio-Steuerung und verwaltet mit seinen Kollegen ein jährliches Portfolio von rund 180 Millionen Euro, die in Digitalisierungs- und IT-Projekte investiert werden.

2023 gewann Tim Schneider mit seiner Masterarbeit den Deutschen Studienpreis Projektmanagement (DSPM). Die prämierte Forschungsarbeit hat ihm nicht nur Türen geöffnet, sondern den Grundstein für seinen heutigen Berufsalltag gelegt. 

Projektmanagement im öffentlichen Dienst unter der Lupe 

In seiner Masterarbeit untersuchte Tim Schneider, wie sich verschiedene Projektmanagement-Modelle – etwa Wasserfall, agil oder hybrid – im öffentlichen Dienst bewähren. Ziel war es, herauszufinden, unter welchen Rahmenbedingungen welche Modelle besonders erfolgversprechend sind. Daraus entwickelte er ein Entscheidungsmodell, das es öffentlichen Einrichtungen erleichtert, je nach Projektart (Größe, Dauer, Komplexität) die passende Herangehensweise auszuwählen – mit dem übergeordneten Ziel, Projekte wirkungsvoller umzusetzen. 

Für die Umsetzung kombinierte er Fachliteratur mit qualitativer Forschung: 12 ausführliche Interviews mit Projektpraktikern aus der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg dienten als empirische Grundlage. Diese wurden transkribiert, mithilfe der Software MaxQDA codiert und systematisch nach der Individual Competence Baseline (ICB) ausgewertet. 

Tipps für Masterstudierende aus der Praxis 

Aus eigener Erfahrung gibt Schneider drei zentrale Empfehlungen für künftige Abschlussarbeiten: 

  • Frühzeitige Planung: Den Zugang zu Interviewpartnern sichert man sich idealerweise frühzeitig. Schneider nutzte ein internes Netzwerk mit rund 180 Projektverantwortlichen und hatte damit sogar mehr Kandidaten als nötig. 
  • Solide Methodenkenntnis: Wer mit qualitativen Interviews arbeitet, sollte sich vorab intensiv mit sozialwissenschaftlichen Grundlagen vertraut machen. 
  • Laufende Reflexion: Nach jedem Interview lohnt sich ein kritischer Blick auf Gesprächsverlauf und Transkription, um gezielt nachzuschärfen. 

Dass Schneider seine Masterarbeit parallel zu einem Vollzeitjob und der Familiengründung schrieb, zeigt: Auch unter anspruchsvollen Bedingungen ist eine wissenschaftlich hochwertige Arbeit möglich – wenn man strukturiert vorgeht und dranbleibt. 

Der öffentliche Dienst als vielfältige Projektlandschaft 

Tim Schneider benennt drei besondere Bedingungen, die Projektarbeit im öffentlichen Sektor prägen: 

  1. Strenge interne Regulierung. 
  2. Früher politischer und medialer Einfluss, oft schon vor Projektstart. 
  3. Fehlende Korrekturmechanismen wie in der Privatwirtschaft – Projekte werden selten abgebrochen, selbst wenn sie ineffizient laufen. 

Bemerkenswert war zudem: Herkunft, Alter oder Geschlecht spielten kaum eine Rolle für Projektmanagement-Kompetenzen. Zwar zeigten sich Tendenzen, etwa stärkere Konfliktfähigkeit bei „Behördengewächsen“ und höhere Motivation bei Quereinsteigern, doch entscheidend war letztlich, wer die nötigen Fähigkeiten mitbringt. 

Preisgekrönt und gefragt 

Der Gewinn des DSPM brachte Schneider zahlreiche Kontakte und Möglichkeiten: Er hielt Vorträge in Hamburg, bei der Inhouse-Beratung „PD“ der öffentlichen Hand und beim Nachwuchsnetzwerk Digitale Verwaltung („N3GZ“). Dies erhöhte nicht nur seine Sichtbarkeit, sondern half auch, seine Erkenntnisse weiter zu verifizieren. Beruflich folgte der Aufstieg in den höheren Dienst und schließlich der Wechsel in die Senatskanzlei – dort verantwortet er zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen heute die Portfolio-Steuerung für ein Projektvolumen in dreistelliger Millionenhöhe. Auch ein Lehrauftrag an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg folgte: Dort unterrichtet er Studierende des Studiengangs Public Management in Projektmanagement-Grundlagen. 

Promotion nicht ausgeschlossen 

Trotz beruflicher und privater Verpflichtungen denkt Tim Schneider über eine Promotion nach. Inhaltlich würde er dem Thema Projektmanagement treu bleiben, möglicherweise mit einem stärkeren Fokus auf quantitative oder Mixed-Methods-Ansätze. Die Begeisterung für Forschung, methodische Tiefe und neue Erkenntnisse ist geblieben: „Mich reizt das Thema enorm – ich liebe es, neues Wissen zu gewinnen und mich methodisch weiterzuentwickeln. Schon der Wechsel vom rechtswissenschaftlichen Studium in einen wirtschaftswissenschaftlichen Master war für mich eine bewusste Herausforderung, die ich sehr geschätzt habe.“ Gerade das Einarbeiten in neue Methoden, das Erschließen neuer Erkenntniswege, das strukturierte Auswerten – und am Ende der Anspruch, das Ganze mit einem gewissen Grad an Exzellenz abzuschließen – genau so stellt sich Schneider auch eine Promotion vor. „Und auch das wissenschaftliche Publizieren – über Fachartikel hinaus – ist ein Bereich, den ich bislang kaum betreten habe. Das alles zusammen wäre eine neue, spannende Herausforderung für mich.“ 

Bewerbungen für den Deutschen Studienpreis Projektmanagement sind noch bis zum 8. September 2025 möglich: https://www.gpm-ipma.de/wissen/awards/deutscher-studienpreis-projektmanagement   

Ansprechpartner

Sebastian Wieschowski