
In ihrer Begrüßung gingen Moderator Ralf Schmitt und GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy auf zwei Ereignisse ein, die kurz vor dem PM Forum Digital die tagespolitische Agenda bestimmten – die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und der Bruch der Ampel-Koalition in Berlin. Prof. Dr. Peter Thuy verglich die aktuellen politischen Herausforderungen mit einem Projekt: „Es gab einen Projektplan, einen Koalitionsplan und den Wunsch nach Veränderung. Doch der Scope ist verrutscht, besonders durch den Ukraine-Krieg, und es ist nicht gelungen, einen neuen Scope aufzubauen.“ Thuy erklärte, dass die ursprünglichen Ziele durch unvorhergesehene Umstände beeinflusst wurden: „Gemeinsame Planungen sind empfindlich getrübt worden, und am Ende ist es manchmal besser, so ein Projekt zu beenden,“ fügte er hinzu und hob die Herausforderungen hervor, die entstehen, wenn sich Rahmenbedingungen in Projekten grundlegend ändern.
GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy sprach in seiner Begrüßung außerdem über das vergangene PM Forum live in Hamburg, das mit über 450 Teilnehmenden eine positive Resonanz erhielt und für seine inspirierende Atmosphäre und starken Beiträge gelobt wurde. Mit einem Blick auf das kommende Jahr kündigte er an, dass das PM Forum eine Pause einlegen werde, da der IPMA World Congress vom 17. bis 19. September 2025 in Berlin stattfinden wird. Dieser Kongress wird größer und internationaler ausgerichtet sein, wobei das Organisationsteam dennoch den besonderen Spirit des PM Forum beibehalten möchte. Abschließend gab Thuy einen kurzen Rückblick auf den PM Salon, der einen Tag zuvor in Berlin stattfand und sich mit Projektmanagement in der Filmbranche befasste – eine passende Überleitung zum Keynote-Speaker des PM Forum Digital.
Erfolgsregisseur und Golden Globe Gewinner Fatih Akin beschrieb in seinem Auftakt-Vortrag auf dem PM Forum Digital die vielschichtige Rolle von Filmschaffenden, die nicht nur in der Regie, sondern auch beim Drehbuchschreiben und Produzieren tätig sind. Diese umfassende Verantwortung verlangt eine Mischung aus Kreativität und handwerklicher Präzision, wobei Akin betonte, dass Filmemacherinnen und Filmemacher vor allem künstlerisch tätig seien. Der Ausgangspunkt seiner Filmprojekte sei oft eine Beobachtung, ein Buch oder ein Gefühl, das zuerst in ihm aufsteige – keine Bilder, sondern ein inneres Empfinden, das die Grundlage für seine Vision bildet. Sobald eine Idee Form annimmt, zeigt er sie einem kleinen Team von langjährigen Produzentinnen und Produzenten, um gemeinsam die Realisierbarkeit und Finanzierungswege zu prüfen. Er spricht von einem intimen und poetischen Prozess beim Schreiben des Drehbuchs, der die Basis für das Projekt legt und so detailliert ausgearbeitet ist, dass es den unterschiedlichen Gewerken als zentrale Orientierung dient.
Die Strukturierung und Umsetzung des Films erfolgt dann in klaren Phasen, unterstützt von einem detaillierten Storyboard, das nicht nur die Drehorte und digitalen Elemente festlegt, sondern auch als wesentliches Kommunikations- und Projektmanagement-Element dient. Der Drehplan ist hierbei zentral, indem er genau festlegt, wann und wo Szenen gedreht werden, sowie konkrete Tagespläne („Dispo“), die detailliert alle Beteiligten, Requisiten und logistischen Aspekte organisieren – bis hin zur Frage, welche Fahrerinnen und Fahrer zu welcher Uhrzeit welche Personen abholen. Akin betonte, dass er versucht, so viel wie möglich im Vorfeld zu planen und die richtigen Fachkräfte an einem Ort zu versammeln, um eine reibungslose Umsetzung zu gewährleisten. Während der gesamten Dreharbeiten bleibt er rund um die Uhr erreichbar, um auf spontane Herausforderungen oder Anpassungen reagieren zu können.
Im Anschluss an den Dreh folgt die Postproduktion, bei der vieles digital realisiert wird, häufig an anderen Standorten und durch Teams, die er persönlich kaum trifft. Er verglich die Filmproduktion mit einer Sanduhr, in der die Planungsphase wie das Sammeln von Sand über dem Nadelöhr ist – sobald alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, wird das Nadelöhr freigegeben und der Dreh beginnt. In der Postproduktion „fällt der Sand nach unten“, wo die Arbeit an Bild- und Tonschnitt erfolgt und das Werk vollendet wird. Für Akin ist das Gefühl, das er zu Beginn eines Projekts hatte, in gewisser Weise wie ein Projektplan, das ihn durch den gesamten Prozess leitet. Wenn Probleme im Team auftreten, ist ihm eine direkte und rasche Klärung mit allen Beteiligten wichtig.
Die Keynote von Fatih Akin war einer der Höhepunkte des zweitägigen Programms. Neben Akin begeisterten Prof. Dr. Silke Schönert, Dr. Maximilian Lude und Roger Basler de Roca das Publikum mit ihren Einblicken in strategisches Projektmarketing, nachhaltige Innovationen und KI-Anwendungen in Projekten. Silke Schönert, Gründerin des Instituts für Projektmanagement-Exzellenz, erläuterte, wie Projektmarketing risikoreichen Projekten den Weg ebnet. Ob es das gesetzte Ziel sei, Mitarbeitende zu gewinnen, potenzielle Geldgebende anzuziehen oder die Öffentlichkeit zu informieren – systematisches Projektmarketing adressiere verschiedene Zielgruppen mit spezifischen Botschaften, schaffe Vertrauen und gewinne Stakeholder, so Schönert.
Der Schweizer KI-Experte Roger Basler de Roca beleuchtete, wie Künstliche Intelligenz das Projektmanagement und die Rolle der Mitarbeitenden transformiert. Der Einsatz von KI für routinemäßige Aufgaben in Marketing, Kommunikation und Social Media-Management steigert nach seiner Einschätzung die Effizienz und Produktivität auf ein neues Niveau. Automatisierte Prozesse und datengestützte Entscheidungshilfen revolutionieren die Arbeit.
Das Forum überzeugte durch seine thematische Bandbreite. In sechs Themenstreams und 30 Fachvorträgen wurden Themen wie agiles Projektmanagement, Prozessoptimierung durch Digitalisierung und strategische Herausforderungen wie Nachhaltigkeit behandelt. Besonders erfreulich war die Einbindung regionaler Projekterfahrungen, die Best-Practice-Beispiele aus Hamburg und der D-A-CH-Region präsentierten. So entstand eine wertvolle Plattform für den Austausch von Wissen und neuen Perspektiven.
Den Schlussimpuls setzte der Zukunftsforscher Prof. Dr. Maximilian Lude mit seiner Keynote zum Thema „Zukunftssicherung in der dynamischen Welt von heute und morgen“. Er betonte die Notwendigkeit, Unternehmen und Projekte in einer sich immer schneller wandelnden Welt zukunftssicher aufzustellen. Dabei unterstrich er die Bedeutung von Innovation und Flexibilität in Geschäftsmodellen sowie der organisationalen Ambidextrie – der Balance zwischen Bewährtem und Neuem. Mithilfe von Szenarienplanung und dem gezielten Einsatz von Design-Thinking und Hackathons regt Dr. Lude an, nachhaltige Innovationen voranzutreiben und auf politisch-soziale Entwicklungen zu reagieren. Er erinnerte das Publikum daran, wie frühere Widerstände gegenüber neuen Technologien, wie etwa Taschenrechner in den 80er-Jahren, durch innovative Impulse überwunden wurden.
Lude machte zudem deutlich, dass Projektmanager sich verstärkt auf das Wesentliche konzentrieren und durch KI zeitraubende Aufgaben effizienter erledigen können. Diese Technologie, so Lude, kann den Projektalltag menschlicher gestalten, indem sie Raum für kreative und kundenorientierte Ansätze schafft. In einer Welt, in der Branchengrenzen verschwimmen, sei es entscheidend, Kontextkompetenz zu entwickeln und Geschäftsmodelle schnell anzupassen, um neue Chancen zu nutzen. Abschließend motivierte er die Zuhörer, positive Zukunftsbilder für ihre Projekte zu entwickeln und betonte den Leitgedanken: „Uber yourself or you will get kodakted.”
Das PM Forum Digital 2024 baute auf dem Erfolg des diesjährigen Jubiläums-PM-Forum in Hamburg im Juni auf, das mit über 450 Teilnehmenden im Radisson Blu Hotel ein voller Erfolg war. Die digitale Ausgabe brachte die Highlights der Veranstaltung direkt zu den Teilnehmenden nach Hause und bewies, dass sich das PM Forum auch virtuell als Plattform für hochwertige Weiterbildung und Networking etabliert hat. Mit 16 Stunden intensiver Inhalte, einem breiten Spektrum an Themen und zahlreichen interaktiven Formaten erwies sich das PM Forum Digital erneut als unverzichtbares Event für alle, die im Projektmanagement auf dem neuesten Stand bleiben möchten.