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Projektmanagement wird digitaler – und menschlicher: Fünf zentrale Erkenntnisse vom GPM Seminartag 2025

Der Seminartag der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. am 17. September 2025, unmittelbar vor dem IPMA World Congress in Berlin, bot weit mehr als eine Abfolge von Workshops.

Die Seminare lieferten Bausteine für ein Zukunftsbild des Projektmanagements: Weg von reinen Methodenfragen, hin zu übergeordneten Trends, die zeigen, wie sich Projekte in einer Welt des Wandels behaupten. Fünf Linien traten dabei besonders klar hervor – und sie wurden von den Referentinnen und Referenten aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

1. Menschenzentrierung und Werteorientierung

Projektmanagement ist längst mehr als die Koordination von Aufgaben und Terminen. Im Zentrum stehen Menschen mit ihren Werten, Erwartungen und Konflikten. Franziska Höhne betonte, dass klassische Hierarchien in global verteilten Teams nicht mehr greifen. Führung gelingt heute über Werte und Beziehungen, nicht über Macht. Christoph Maria Michalski, bekannt als „Konfliktnavigator“, zeigte, wie sein KonfliktFLOW-System Spannungen nicht glättet, sondern nutzbar macht. Jessica Nagel brachte konkrete Szenarien aus digitalen Teams ein: Teilzeitkräfte, die sich ausgeschlossen fühlen, oder Unstimmigkeiten, wenn Führungskräfte blind auf KI-Prognosen vertrauen. Gemeinsam ist all diesen Beispielen: Projektmanagement wird erfolgreicher, wenn Empathie, Vertrauen und Dialog in den Vordergrund rücken. Die zentrale Erkenntnis lautet: Der Mensch rückt ins Zentrum des Projektmanagements – Werte, Empathie und Dialog sind entscheidender als Hierarchie.

2. Resilienz und Anpassungsfähigkeit

Ein zweiter Trend betrifft die Widerstandskraft von Teams. Drei von vier Projektprofis geben an, dass ihre mentale Gesundheit durch Projekte beeinträchtigt wird – ein Befund, den Karsten Röttger und Anja Zeitschel ins Zentrum ihres Seminars stellten. Mit den „sieben Säulen der Resilienz“ von Optimismus über Selbstverantwortung bis Zukunftsorientierung zeigten sie praxisnah, wie Teams Krisen meistern und gestärkt daraus hervorgehen. Lissi Schlachter ergänzte mit der Methode der Objectives and Key Results (OKR) ein strukturelles Pendant: kurze Zyklen, flexible Zielsetzung, transparente Überprüfung. Beides zusammen deutet auf einen Paradigmenwechsel hin – weg von starren Plänen, hin zu Systemen, die Stress aushalten und Veränderung als Normalzustand akzeptieren. Der GPM Seminartag im Vorfeld des 34. IPMA World Congress setzte also ein ganz deutliches Zeichen: Resilienz ist zur Schlüsselressource geworden – sie verbindet persönliche Belastbarkeit mit strategischer Agilität.

3. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz

Kaum ein Thema war so präsent wie die digitale Transformation. Jessica Nagel machte deutlich, dass „Future Skills“ weit mehr sind als die Beherrschung neuer Tools: Informationsmanagement, virtuelle Kommunikation, ethisches Handeln und Vertrauen in hybriden Teams werden zu Kernkompetenzen. Uwe Techt zeigte in seinem Seminar „KI-Power“, wie Künstliche Intelligenz bereits Reporting automatisiert, Risiken bewertet und Ressourcen simuliert. Doch er warnte: KI ersetzt kein Projektmanagement, sie liefert Vorschläge – Entscheidungen bleiben beim Menschen. Gleichzeitig erzeugt die Technik neue Spannungen: In Nagels Szenarien fühlten sich Mitarbeitende durch algorithmische Zuteilungen benachteiligt oder durch veraltete Datenprognosen übergangen. Digitalisierung treibt also die Effizienz, verändert aber auch die Kultur der Zusammenarbeit.

4. Transparenz und Beteiligung

Wo früher Kontrolle dominierte, setzen Projekte heute auf Offenheit. OKRs sind hier beispielhaft: Ziele werden partizipativ erarbeitet, regelmäßig überprüft und für alle sichtbar gemacht. Das verändert Dynamiken im Team, weil Verantwortung geteilt wird. Auch der Einsatz von KI verdeutlicht, wie wichtig Transparenz ist: Black-Box-Risikoanalysen werden nicht akzeptiert, erst nachvollziehbare Indikatoren schaffen Vertrauen. Jessica Nagel zeigte zudem, dass virtuelle Teams nur dann funktionieren, wenn Regeln, Rollen und Informationsflüsse klar definiert sind. Transparenz wird damit zum zentralen Prinzip – sie ersetzt Kontrolle nicht, aber sie schafft Verbindlichkeit und ermöglicht Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

5. Projekte als Lern- und Entwicklungssysteme

Schließlich wurde deutlich, dass Projekte heute nicht mehr nur als Mittel zum Erreichen eines Ergebnisses verstanden werden. Sie sind auch Lernräume für Individuen und Organisationen. Röttger und Zeitschel machten klar, dass Resilienz-Erfahrungen sich von Projekt zu Projekt übertragen lassen. Michalski beschrieb Konflikte als Trainingsfeld für bessere Kommunikation. Schlachters OKR-Logik setzt explizit auf kontinuierliche Feedbackschleifen und Retrospektiven, die den Lerneffekt systematisch verankern. Projekte werden so zu Entwicklungssystemen, in denen nicht nur Produkte entstehen, sondern auch Kompetenzen wachsen – vom einzelnen Teammitglied bis zur Gesamtorganisation. In den Seminaren wurde aus den unterschiedlichen Perspektiven der Referierenden also deutlich: Projekte sind heute auch Lern- und Entwicklungssysteme – sie schaffen Ergebnisse und fördern zugleich Kompetenzen.

Der gemeinsame Nenner: Die Balance zwischen Mensch und Maschine

Die Impulse des GPM Seminartags lassen sich in einer Kernbotschaft zusammenfassen: Projektmanagement der Zukunft wird digitaler und gleichzeitig menschlicher. KI, Automatisierung und Datenanalysen steigern die Effizienz, doch entscheidend sind Werte, Resilienz, Konfliktfähigkeit und eine Kultur der Transparenz. Projekte sind nicht länger nur Vehikel zur Umsetzung von Strategien, sondern auch Plattformen für Lernen und persönliche Entwicklung. Gerade in dieser Balance – zwischen technologischem Fortschritt und menschlicher Stärke – liegt die Zukunftsfähigkeit des Projektmanagements.

Ansprechpartner

Sebastian Wieschowski