
Schon beim Betreten des Kongresssaals wurde deutlich: Die Stimmung war energiegeladen, die Erwartungen hoch, und die Vielfalt der Gäste spiegelte den globalen Charakter des Projektmanagements wider. Die Moderation durch AC Coppens leitete professionell, sympathisch und mit feinem Humor durch den ersten Kongresstag – ein gelungener Auftakt, der den Ton für die kommenden Sessions setzte.
Prof. Dr. Peter Thuy, Präsident der GPM, hieß die Teilnehmenden herzlich willkommen und betonte die besondere Rolle Berlins als Gastgeberstadt. In seiner Rede hob er die grundlegende Bedeutung des Projektmanagements hervor und führte zu einer prägnanten Definition dessen, was Projektmanagement im Kern ausmacht: „Projektmanagement ist eine Haltung, die Orientierung schafft in Zeiten der Unsicherheit – eine Haltung, die Veränderung nicht nur verwaltet, sondern gestaltet.“
Im Namen des Berliner Senats begrüßte stellv. Bürgermeister und Senator für Finanzen Stefan Evers die Gäste. Er stellte Berlin als Stadt des Wandels und der Innovation heraus und verglich sie mit einem Großprojekt, das tagtäglich mit Millionen von Stakeholdern gesteuert werden müsse. Projektmanagement, so seine Botschaft, sei auch in der öffentlichen Verwaltung unverzichtbar, um komplexe Prozesse strategisch zu steuern und erfolgreich umzusetzen.
Prof. Dr. Mladen Vukomanović, Präsident der IPMA, nahm das Publikum mit auf eine kurze Reise durch sechs Jahrzehnte internationaler Zusammenarbeit. Er sprach von den großen Herausforderungen unserer Zeit und betonte zugleich die Chance, den besonderen Wert des Projektmanagements sichtbar zu machen: „This is an opportunity for IPMA to show its value to the world – and the value we bring is a sustainable future,“ sagte er. Zugleich rief er die Teilnehmenden auf, die ursprüngliche Idee der IPMA – Austausch, Vernetzung und gemeinsames Lernen – weiterzutragen.
Prof. Dr. Alena Buyx rückte in ihrer Keynote die ethische Verantwortung im Umgang mit Künstlicher Intelligenz in den Mittelpunkt. KI könne Projekte effizienter machen, Risiken frühzeitig sichtbar machen und ganze Arbeitsprozesse beschleunigen. Doch so eindrucksvoll die technischen Möglichkeiten seien, dürfe man ihr niemals die Verantwortung überlassen. Entscheidungen, die Menschen und Gesellschaft betreffen, blieben eine zutiefst menschliche Aufgabe.
Buyx forderte, KI stets so einzusetzen, dass sie die Handlungsspielräume erweitert und nicht einschränkt. Besonders hob sie die Notwendigkeit einer digitalen Souveränität in Europa hervor, um nicht allein von wenigen globalen Anbietern abhängig zu sein. Ihr Fazit: KI sei ein starkes Instrument, doch Empathie, Verantwortung und Vertrauen könnten nur Menschen leisten.
Thilo Wolf übertrug in seiner Keynote Prinzipien des Jazz auf die Projektwelt. Inspiration entstehe oft zufällig und werde wertvoll, wenn sie bewusst in neue Kontexte gestellt werde. Improvisation sei dabei nicht Ausdruck von Planlosigkeit, sondern gelebte Agilität: Statt alles neu zu erfinden, genüge es oft, einen einzelnen Baustein zu variieren und dadurch Veränderung anzustoßen. Zuhören und echte Dialoge seien dabei ebenso zentral wie die Fähigkeit, Talente auch aus der zweiten Reihe sichtbar zu machen.
Führung im Sinne des „Jazz Thinking“ bedeutet, andere groß zu machen, Strukturen mit Freiraum zu verbinden und Kritik zur richtigen Zeit konstruktiv einzusetzen. Fehler sollten nicht zu Schuldzuweisungen führen, sondern als Teil des Prozesses akzeptiert werden – getreu dem Prinzip „Show must go on“. Projekte gewinnen dann an Kraft, wenn sie nicht nur durch Perfektion überzeugen, sondern auch durch Authentizität und Begeisterung, die Kopf und Herz gleichermaßen erreichen.
Der erste Kongresstag bot ein breites Spektrum an Formaten – von Interviews über Fireside Chats bis hin zu Fachvorträgen und Research-Präsentationen. Die thematische Vielfalt spiegelte die aktuellen Entwicklungen im Projektmanagement wider und zeigte, wie praxisnah und zukunftsorientiert der Austausch war.
Ein besonderes Highlight war das Gespräch mit führenden Persönlichkeiten der IPMA. Auf dem Podium diskutierten der amtierende IPMA Präsident Prof. Dr. Mladen Vukomanović, die ehemalige Präsidentin Brigitte Schaden sowie die ehemaligen Präsidenten Joop Schefferlie und Roberto Mori. Moderiert wurde die Runde von Prof. Dr. Peter Thuy, Präsident der GPM.
Die Diskussion drehte sich um die Frage, wie sich Projektmanagement in Zeiten von KI, Globalisierung und gesellschaftlichem Wandel weiterentwickelt. Die Diskutierenden betonten, dass Projektmanagement mehr ist als Methoden und Tools – im Kern gehe es um Menschen, Kompetenzen und verantwortungsvolles Handeln.
Das Gespräch zeigte zudem, dass Zertifizierung künftig stärker auf den Nachweis von Kompetenzen ausgerichtet sein muss, während Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Handeln an Bedeutung gewinnen. Für das Publikum bot die Session wertvolle Einblicke in die Geschichte und Zukunft der IPMA sowie praxisnahe Impulse für die eigene Arbeit.
Im Dialog zwischen AC Coppens und Kenza Ait Si Abbou stand die Frage im Mittelpunkt, wie weit KI das Projektmanagement tatsächlich verändern kann. Beide machten klar: KI ist ein mächtiges Werkzeug, das Prozesse beschleunigt, Daten analysiert und frühzeitig Risiken sichtbar macht. Doch dort, wo es um Verantwortung, Führung und das Gespür für Menschen geht, bleibt der Mensch unverzichtbar. Gerade in kritischen Situationen braucht es Empathie, Urteilskraft und die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen – alles Qualitäten, die keine Maschine ersetzen kann. Das Fazit des Gesprächs: KI kann Projektmanager stärker machen, aber sie niemals ersetzen.
Die Fachvorträge des ersten Kongresstages machten eindrucksvoll sichtbar, wie rasant sich das Projektmanagement verändert: von neuen Führungsansätzen über den Einsatz von KI bis hin zu kreativen Methoden für komplexe Projekte.
Ein Schwerpunkt lag auf KI im Projektmanagement. Diskutiert wurde, wie KI heute schon Prozesse unterstützt, welche Anwendungen praxistauglich sind und wo menschliche Intuition unverzichtbar bleibt. Es ging um konkrete Anwendungen in der Projektführung ebenso wie um die Frage, welche Kompetenzen Projektleitende in einer KI-dominierten Zukunft benötigen.
Ein weiterer Fokus richtete sich auf die Weiterentwicklung von Organisationen und PMOs. Mehrere Beiträge machten deutlich, wie sich klassische Steuerungseinheiten zu strategischen Partnern entwickeln. Themen wie die Einführung moderner PPM-Systeme, die Rolle von PMOs als Coach für Teams und die Integration von KI in Steuerungsprozesse verdeutlichten diesen Wandel.
Auch Methodenvielfalt und Führungsfragen standen im Mittelpunkt. Hybride Ansätze, agile Teamkulturen und neue Führungsmodelle wurden ebenso diskutiert wie der Einsatz von Storytelling mit Daten, um Entscheidungen zu beschleunigen und Stakeholder zu überzeugen. Praxisnahe Beispiele zeigten, wie sich Autonomie und Struktur in Teams verbinden lassen und welche Führungsimpulse in komplexen Projektsituationen wirksam sind.
Einen breiten Raum nahm das globale Projektgeschäft ein. Beispiele aus China, Korea, Südafrika und dem internationalen Kraftwerksbau belegten, wie sehr Projektmanagement heute von interkultureller Zusammenarbeit geprägt ist. Ob Wasserprojekte, Bauvorhaben oder Infrastrukturinvestitionen – deutlich wurde, dass digitale Transformation, globale Netzwerke und internationale Standards entscheidende Erfolgsfaktoren für zukunftsfähige Projekte sind.
Weitere Themen wie Innovation, Kreativität und Resilienz ergänzten die Vortragsvielfalt. Beiträge zur Anwendung spielerischer Elemente im Projektmanagement, zur Übertragung von Prinzipien aus dem Spieledesign auf Projektstrukturen oder zu Analogien zwischen Projektführung und Bergsteigen gaben neue Impulse für Motivation, Risikobewusstsein und Führungskultur. Auch Einblicke in Advanced Project Management sowie der Stellenwert von Nachhaltigkeit verdeutlichten, dass erfolgreiche Projektarbeit nicht nur auf Methoden und Tools beruht, sondern auch auf Kreativität, Resilienz und der Fähigkeit, Projekte im größeren Kontext zu denken.
Die Research Presentations rundeten das Programm ab und lieferten fundierte Einblicke aus der Wissenschaft. Studien zu Change-Management zeigten, dass nicht Nationalität, sondern kulturelle Prägungen entscheidend für die Veränderungsbereitschaft sind. Weitere Ergebnisse belegten, wie Erfahrung Projekterfolg im Mittelstand absichert und warum die richtige Methodenanwendung in komplexen Projekten erfolgsentscheidend ist. Eine Untersuchung zu virtuellen Teams machte deutlich, wie stark Vertrauen und Kompetenzwahrnehmung von Rolle und Erfahrung abhängen. Abgerundet wurde der Block durch die Agile Management Maturity Map (AM3), ein Modell zur systemischen Entwicklung von Agilität in Organisationen. Damit schufen die Research Presentations eine wertvolle Brücke zwischen Theorie und Praxis.
Abseits der inhaltlichen Impulse zeigte sich, wie wichtig der persönliche Austausch für den Kongress ist. Schon in den Kaffeepausen und beim Lunch nutzten die Teilnehmenden die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende Verbindungen zu vertiefen. Die Vielfalt an Erfahrungen und Perspektiven – von Nachwuchskräften bis zu internationalen Expertinnen und Experten – sorgte dafür, dass sich immer wieder spannende Gesprächsanlässe ergaben.