Zunächst die positive Nachricht: Der Frauenanteil im Projektmanagement ist deutlich gestiegen. In der aktuellen Studie sind 33 % der Befragten weiblich, während es 2019 nur rund 23 % waren. Das ist ein Zuwachs von fast 44 % relativ – ein beeindruckender Sprung in nur fünf Jahren. Immer mehr Frauen schlagen also die Laufbahn als Projektmanagerin ein. Interessant dabei: Die weiblichen Projektmanager sind im Durchschnitt etwas jünger als ihre männlichen Kollegen (etwa drei Jahre). Das deutet darauf hin, dass insbesondere in der jüngeren Generation der Beruf für Frauen attraktiver geworden ist. Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen, sodass das Projektmanagement mittelfristig kein von Männern dominiertes Feld mehr sein wird.
Allerdings gibt es beim Thema Gleichberechtigung auch deutliche Schattenseiten. Trotz des steigenden Anteils an Frauen besteht ein anhaltendes Gender Pay Gap im Projektmanagement. Wie im Gehaltskapitel erwähnt, verdienen Frauen etwa 20 % weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. In Österreich ist der Unterschied mit ~24 % sogar noch etwas höher. Selbst wenn man Faktoren wie Hierarchiestufe, Berufserfahrung oder Verantwortungsbereich berücksichtigt, bleibt laut Studie eine unerklärte Lohnlücke. Das heißt, Frauen werden für ähnliche Arbeit tendenziell schlechter bezahlt – ein Befund, den man aus vielen Branchen kennt, und von dem sich leider auch das Projektmanagement (noch) nicht positiv abheben kann.
Woran liegt das? Eine umfassende Erklärung liefern die Daten nicht, aber mögliche Gründe kennt die Diversity-Forschung: Frauen gelangen seltener in die allerhöchsten Führungspositionen (auch im Projektmanagement gibt es so etwas wie eine gläserne Decke in manchen Organisationen), sie verhandeln mitunter anders oder pausieren karrierebedingt häufiger (z.B. durch Elternzeit). Darüber hinaus können unbewusste Bias eine Rolle spielen. Wichtig ist, dass Unternehmen diese strukturellen Nachteile erkennen und entgegenwirken – etwa durch transparente Gehaltsbänder, Programme zur Förderung von Frauen in Projekten oder Mentoring.
Diversity geht aber über das Geschlecht hinaus. Zwar lag der Fokus der Studie auf Gender, doch zur Vollständigkeit: Vielfalt in Projekten umfasst auch Altersdiversität (gemischte Teams aus jungen Talenten und erfahrenen Seniors), kulturelle Vielfalt (internationale Projektteams) und interdisziplinäre Hintergründe. All diese Dimensionen können zum Projekterfolg beitragen, wenn sie gut gemanagt werden. Unterschiedliche Perspektiven im Team fördern Kreativität und Problemlösung – solange eine inklusive Kultur herrscht, in der alle Stimmen gehört werden.
Im Projektmanagement zeigen sich interessante Beobachtungen: Ältere und jüngere Projektmanager arbeiten oft eng zusammen – z.B. bringen Senior-Projektleiter viel Erfahrungswissen, während Nachwuchskräfte frische Methoden wie agile Frameworks einbringen. Diese Generationen-Diversität kann sehr fruchtbar sein. Kulturell vielfältige Teams sind vor allem in internationalen Projekten Standard. Hier kommt es auf gute Kommunikation und interkulturelle Kompetenz an. Viele Projektmanager entwickeln durch solche Erfahrungen ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit.
Zurück zum Kernthema Gender & Karrierechancen: Die Studie offenbart, dass Frauen im Projektmanagement zwar aufgeholt haben, aber nach wie vor Karrierehürden existieren. Erfreulich ist, dass die Mehrheit der Befragten – Männer wie Frauen – Diversity als Bereicherung sieht. Es gibt kaum Vorbehalte, Frauen ebenso verantwortungsvolle Projekte anzuvertrauen. Dennoch sind Frauen noch unterrepräsentiert in den oberen Einkommens- und Hierarchiebändern der Befragung. Hier ist eine Chance für die Zukunft: Wenn der Zustrom junger, gut ausgebildeter Projektmanagerinnen anhält, werden wir hoffentlich bald mehr Frauen in Spitzenpositionen und mit Spitzengehältern sehen. Das käme der gesamten Branche zugute, denn gemischte Führungsteams gelten als erfolgreicher und innovativer.
Für die Praxis bedeutet das: Chancengleichheit aktiv fördern. Als weibliche PM-Fachkraft sollte man selbstbewusst Karriereziele verfolgen, Netzwerke (z.B. Women in PM) nutzen und Weiterbildungsangebote wahrnehmen – die Daten zeigen, es lohnt sich. Unternehmen und Verbände wie die GPM sind gefragt, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, z.B. durch Diversity-Initiativen, bewusste Personalentwicklung und familienfreundliche Policies, damit Karriere und Familie vereinbar bleiben (hier sehen wir ja bereits Verbesserungen).
Zusammenfassend: Das Projektmanagement wird bunter und vielfältiger, was sehr positiv ist. Die Branche muss jedoch weiterhin daran arbeiten, gleiche Chancen für alle zu gewährleisten – sei es beim Gehalt, bei Beförderungen oder im täglichen Miteinander im Projektteam. Nur dann können die Potenziale der Diversity voll ausgeschöpft werden.